Überblick
Der Begriff „Konfliktmineralien“ umfasst vier chemische Elemente: Zinn, Tantal, Wolfram und Gold. Nach ihren englischsprachigen Initialen werden sie häufig auch als „3TG“ bezeichnet. Doch was macht diese Stoffe zu „Konfliktmineralien“?
Kurz gesagt: Wenn die Einkünfte aus dem Handel mit diesen Mineralien verwendet werden, um den bewaffneten Konflikt in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) und benachbarten Ländern (DRK-Region) zu finanzieren, gelten sie als „Konfliktmineralien“.
Genauer gesagt ist der Ursprung dieser Mineralien wichtig: Stammt das Erz, das zur Produktion der Basismetalle verwendet wird, aus Bergwerken, die illegal von Regierungstruppen und Milizen kontrolliert werden?
Denn diese Truppen und Milizen verwenden die erheblichen Profite der Bergwerke, um ihren eigenen Zielen näher zu kommen und den Krieg durch Waffenkäufe zu verlängern. Außerdem sind sie für verheerende Gewalttaten und gravierende Menschenrechtsverstöße verantwortlich – darunter Vergewaltigung, Mord und Kinderarbeit. Zivilisten, die in der Nähe der betroffenen Bergwerke leben, werden häufig zur Beteiligung an diesem illegalen Handel gezwungen. Das wirkt sich auf die legitime Seite dieses wichtigen Industriezweigs aus, der für die Wirtschaft der DRK und den Schutz ihrer Bevölkerung eine entscheidende Rolle spielt.
Mineralien aus solchen Bergwerken werden dann aus der DRK in Nachbarländer wie Uganda und Ruanda geschmuggelt, von dort nach Fernost exportiert und mit Mineralien aus allen Teilen der Welt verschmolzen. Sobald die Mineralien auf diese Weise verarbeitet oder „veredelt“ worden sind, ist es außerordentlich schwer, ihren Ursprung zurückzuverfolgen. Konfliktmineralien gelangen also sehr leicht in Konsumgüter und finden sich in elektronischen Geräten wie Mobiltelefonen, Laptops, Autos und sogar Schmuck aus aller Welt wieder.
Intervention ist nötig
Da die wichtigste Einnahmequelle dieser Gruppen auf dem illegalen Handel mit Bergbauerzeugnissen beruht, ist auf diesem Gebiet die größte Intervention erforderlich. Unternehmen sind also aufgefordert, bei der Beschaffung verantwortungsbewusster vorzugehen und zu verhindern, dass Konfliktmineralien auf Weltmärkte vordringen – durch entsprechende Due-Diligence-Maßnahmen in ihrer Lieferkette.
Dies erfordert eine sorgfältige Prüfung der Lieferkette: Zunächst müssen Unternehmen alle von ihnen hergestellten bzw. in Auftrag gegebenen Produkte ermitteln, die 3TG enthalten. Anschließend muss die Quelle dieser Rohstoffe identifiziert werden. Insbesondere geht es um die Frage, ob sie aus Bergwerken stammen, die für die Konfliktfinanzierung eingesetzt werden. Und schließlich müssen Abhilfemaßnahmen ergriffen werden. Beispielsweise könnten Unternehmen gemeinsam mit den betroffenen Lieferanten einen Maßnahmenplan vereinbaren, der die ermittelten Probleme löst.
Die Arbeit der Conflict-Free Sourcing Initiative (CFSI) spielt dabei eine zentrale Rolle. Nicht nur hat die Organisation ein Berichtsformular (Conflict Minerals Reporting Template, CMRT) entwickelt, das die Erhebung von Daten zu Konfliktmineralien erleichtert, sondern anhand vereinbarter Protokolle auch Audits von Schmelzhütten vorgenommen und eine Liste von Hüttenwerken zusammengestellt, die als zugelassen oder „zertifiziert“ gelten. So können Unternehmen fundierte Entscheidungen über Konfliktmineralien in ihrer Lieferkette treffen.
Es ist jedoch anzumerken, dass auch „nicht zertifizierte“ Schmelzhütten möglicherweise keine Verbindung zu diesen bewaffneten Gruppen haben – es heißt nur, dass sie nicht von der CFSI überprüft worden sind. Diese Hütten können bei der CFSI ein Audit beantragen, um ihren Status zu ändern. Unternehmen wird empfohlen, Mineralien von zertifizierten Hütten zu beziehen und bei nicht zertifizierten Hütten Vorsicht walten zu lassen.
Verantwortung per Gesetz
Der Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act, der im Juli 2010 vom US-Kongress verabschiedet wurde, umfasst eine Klausel (Section 1502), die verhindern soll, dass die nationalen Streitkräfte und Rebellengruppen in der DRK illegal Profite aus dem Mineralienhandel zur Finanzierung von Konflikten einsetzen.
Section 1502 ist eine Offenlegungsvorschrift, die von Unternehmen verlangt, durch Due-Diligence-Maßnahmen in der Lieferkette zu ermitteln, ob ihre Produkte Konfliktmineralien enthalten, und dies der US-Börsenaufsicht (Securities and Exchange Commission, SEC) zu melden.
Die SEC setzte die Vorschrift im Jahr 2012 um und veröffentlichte neue Ausführungsbestimmungen. Diese verlangen von Unternehmen, die an der US-Börse notiert sind, eine jährliche Berichterstattung zur Verwendung von Konfliktmineralien (Zinn, Tantal, Wolfram und Gold – 3TG), die für die Produkte, die sie fertigen bzw. unter Vertrag fertigen lassen, als „notwendig“ gelten. Außerdem sind Unternehmen verpflichtet, die Maßnahmen offenzulegen, die sie zur Überprüfung der Quelle und Produktkette dieser Mineralien vorgenommen haben.
Die Due-Diligence- und Traceability-Maßnahmen, die von Section 1502 verlangt werden, sind von grundlegender Bedeutung, um die Verknüpfung von Konflikten und Mineralienhandel im Osten der Demokratischen Republik Kongo zu durchbrechen. Sie sind ein wirkungsvoller erster Schritt in dem Bemühen, einen konfliktfreien Bergbausektor in der DRK aufzubauen, der den legitimen Handel unterstützt und Erpressung und Gewalt stoppt.
In der EU wurden neue Richtlinien zu Konfliktmineralien eingeführt, die Selbstzertifizierung für Importeure von 3TG empfehlen. Obwohl dies nach wie vor freiwillig ist, zwingt der wachsende Druck von Verbrauchern und Interessengruppen Unternehmen im Rahmen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu einem proaktiveren Ansatz in dieser Frage. Firmen, die dem nicht nachkommen, können schnell zur Zielscheibe negativer Schlagzeilen werden.